Typo-Blog

An dieser Stelle schreibe ich in unregelmäßigen Abständen über gelungene oder weniger gelungene Gestaltung, über Sehenswertes, Kurioses oder Grundsätzliches. Die Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung wider und haben keinen Anspruch auf Objektivität.

Neger, Neger … ein Logo und die Rassismus-Debatte

Logos mit Abbildungen afrikanisch-stämmiger
Menschen: qualitative Unterschiede

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich persönlich finde das Ernst-Neger-Logo unmöglich. Vor 50 Jahren mag es noch keinen gestört haben: hier werden alle üblen kolonialistischen Klischees des „Bimbo-Negers“ bedient: weit aufgerissene Kulleraugen, extrem dicke Lippen, Löcher in den Ohrläppchen (oder sollen es große Ohrringe sein?) – fehlt nur noch ein Haarschopf mit einem Knochen quer hindurch. Aber ich möchte versuchen, meine Meinung fachlich zu begründen und einen Vergleich mit anderen Werbefiguren zu wagen, denen die Abbildung eines afrikanisch beheimateten Menschen zugrundeliegt (um es mal möglichst sachlich auszudrücken): mit dem Sarotti-Mohren, dem Meinl-Jungen und Uncle Ben’s.

Auch diese Logos wurden und werden sicher immer mal mit Rassismus-Vorwürfen bedacht. Der Unterschied liegt aber im vermittelten Menschenbild – wird die dargestellte Figur verunglimpft oder lächerlich gemacht? –, sowie im Bezug zum Produkt. Den Sarotti-Mohren gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts, damals verkörperte er das luxuriös-orientalische, das mit edlen Pralinen in Verbindung gebracht wurde, leider aber auch den dienstbereiten Mohren, also eine Art Sklaven, was ich fast problematischer finde als den Rassismus-Vorwurf. Auch er hatte in den 50er-Jahren mal diese „typischen“ Kulleraugen, er war aber immer vor allem eins: eine Sympathiefigur, die ihre Mitmenschen mit edler Schokolade beglückt. Nach einigen Redesigns wird er heute nicht mehr „Mohr“, sondern „Sarotti Magier der Sinne“ genannt und jongliert mit Sternen, die Hautfarbe ist golden, geblieben sind der Turban und die orientalische Kleidung (Quelle: sarotti.de). Ein gelungenes Redesign, wie ich finde.
Der Meinl-Mohr stammt aus den 1920er-Jahren und stellt über den türkischen Fez eine Verbindung zum Heimatland des Kaffees her, insofern ist eben auch der Bezug zum Produkt gegeben. Laut Firmenhistorie soll das Logo, das über die Jahre ebenfalls mehrfach redesignt wurde, „Traditionen aus der ottomanischen Geschichte mit denen der Barockengel der zentraleuropäischen Architektur“ verbinden (Quelle: meinlcoffee.com). Soll heißen, die Gesichtszüge des Jungen sind die eines Barockengelchens und sind damit europäisiert (was man nun auch wieder als rassistisch auffassen könnte). Die moderne Form des Logos ist ein scherenschnitt-artiges Profil, bei dem eigentlich nur noch die Kopfbedeckung orientalisch ist. Ebenfalls gelungen.
Schließlich Uncle Ben’s: jeder kennt ihn, jeder liebt ihn. Laut Firmenhistorie war er ein „Reisbauer in Texas, der seinen Reis mit besonders großer Sorgfalt erntete“ (Quelle: unclebens.de). Auch wenn man weiß, dass gerade die Texaner nicht immer freundlich mit ihren afroamerikanischen Mitbürgern umgegangen sind, verkörpert Uncle Ben mit seinem milden Lächeln heute jedoch den netten Alten von nebenan, dem man sein Produkt doch gerne abkauft. Die Assoziationen zur Sklaverei (Onkel Toms Hütte) möchte man da lieber beiseite schieben.

Achtung Satire: Vorschlag für ein Redesign:
der Name Neger kommt von Näher.

Das Ernst-Neger-Logo dagegen bezieht sich nur auf den Namen, die Figur hat nichts mit der angebotenen Leistung zu tun und ist auch wegen der oben genannten verunglimpfenden Merkmale keine Sympathiefigur wie die anderen. Blöd auch, dass der Name Neger nun noch nicht mal etwas mit Menschen afrikanischer Herkunft zu tun hat, sondern von der Berufsbezeichnung „Näher“ her stammt, wie der Namensforscher Jürgen Udolph herausgefunden hat (Quelle: allgemeine-zeitung.de).

Der Spaß hört da auf, wo die heutigen Inhaber der Firma Neger von rechtschaffenen Anti-Rassisten persönlich beleidigt und öffentlich angeprangert werden (Quelle: allgemeine-zeitung.de). Das ist noch schlechterer Stil als das Logo selbst und trägt sicher nicht dazu bei, dass man bei der Firma Neger zu einem Redesign des Logos durchringen könnte. Sofern ich bis dahin noch beruflich aktiv bin, stehe ich für ein ernst gemeintes Redesign gern zur Verfügung, würde aber eine figürliche Lösung von vornherein ausschließen.

Dass es immer noch schlimmer geht, zeigen die Beispiele auf dieser Webseite: freiburg-postkolonial.de.

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